Covid-19 Tests

shotshop.com

Abstrich oder Blutprobe? Welches Testverfahren für welche Zwecke

Anmerkung der Redaktion: dieser Artikel wurde am 12. Mai 2020 aktualisiert. Es wurden zusätzliche Informationen integriert zum Zeitfenster, in dem der PCR-Test zuverlässig funktioniert. Ausserdem wurde darauf hingewiesen, dass man zu Beginn einer Infektion, vor Auftreten etwaiger Symptome, am ansteckensten ist.

So lange es keine Impfung oder Medikamente gegen Covid-19 gibt, ist eine schnelle und konsequente Identifizierung und Isolierung von Personen mit aktuellen Coronavirus-Infektionen unsere beste Waffe gegen die Pandemie.

Es gibt zurzeit nur eine Methode, diese Personen zu identifizieren: testen, ob in ihrem oberen Atemwegen (Mund, Nase, Rachen) SARS-CoV-2 vorhanden ist – und somit über Tröpfchen (z.B. Husten oder Niesen) an andere weiter gegeben werden kann.

Vergangene Woche kündigte die luxemburgische Regierung ein groβflächige Test-Strategie an, mit der sie in den kommenden Monaten die luxemburgische Bevölkerung und Grenzgänger in strukturierten Etappen aufrufen wird, sich mit dieser Methode testen zu lassen – egal ob man Symptome der Covid-19 Krankheit verspürt oder nicht.

Doch wie funktioniert eigentlich dieser Test? Wie zuverlässig ist er? Und was unterscheidet ihn von den viel diskutierten Antikörper-Tests? Hier die wichtigsten Hintergrundinformationen.

Abstrich aus Nase oder Rachen: der PCR-Test

Was wird getestet?

Für den Standard-Test, der momentan weltweit zur Identifizierung von akuten Coronavirus-Infizierten benutzt wird, wird der Testperson mithilfe eines kleinen Wattestäbchens ein Abstrich aus Mund, Nase oder Rachen entnommen. Wenn die Person eine aktuelle (also ansteckende) Infektion hat, enthält der Abstrich SARS-CoV-2 und sein virales Erbgut (RNA). Dieses Erbgut kann mit einer molekularbiologischen Technik nachgewiesen werden. Bei den Tests, die in Luxemburg durchgeführt werden, wird der Abstrich aus dem Rachenbereich genommen.

Wie funktioniert der PCR-Test?

Aus dem Abstrich wird zunächst das ganze virale Erbgut isoliert. In der Erbgutprobe werden dann mithilfe einer speziellen Technik namens RT-PCR (reverse transcriptase polymerase chain reaction) einzelne Gene (also Teile des Erbguts) von SARS-CoV-2 herauskopiert und vervielfältigt – wenn sie denn in der Probe vorhanden sind. Wenn nicht, fällt der Test negativ aus. Ein positiver Test bedeutet also, dass Teile aus dem SARS-CoV-2 Erbgut in dem Abstrich nachgewiesen werden konnten.

Wer führt die Tests durch?

Für die Durchführung der Tests werden hochqualifiziertes Personal und spezielle Geräte benötigt. Ausserdem ist es wichtig, dass Qualitätsstandards eingehalten werden, um die Zuverlässigkeit der Tests zu garantieren. In Luxemburg können nur akkretidierte Diagnostik-Labore die Tests durchführen. Dazu gehören das Laboratoire national de santé (LNS, Staatslabo) und private Labore wie z.B. Laboratoires Réunis.

Wie lange dauert es, bis ein Ergebnis vorliegt?

Der reine Labornachweis dauert ca. 5 Stunden. Hinzu kommt Entnahme, Lagerung und Transport der Probe, und Auswertung und Übermittlung der Resultate an die Behörden. Es kann also in der Regel zwischen 24 und 48 Stunden dauern, bis man ein Ergebnis erhält. Wenn viele Leute gleichzeitig getestet werden, wie bei der groβen Test-Strategie der Regierung, kann es sein, dass nur positiv getestete Personen benachrichtigt werden, aber nicht negativ getestete.

Wichtig zu wissen: In der ersten Woche der Infektion ist man am ansteckendsten, meistens verspürt man zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Symptome. Wenn eine infizierte Person ihr positives Testergebnis erst 24-48 Stunden nach dem Abstrich erhält, kann sie dann natürlich innerhalb dieser 1-2 Tage weitere Personen anstecken. Der Test kann helfen, Infizierte zu identifizieren und Infektionsketten früh zu unterbrechen, aber er bedeutet kein Schutz vor Ansteckung und stellt nur ein Baustein aller Schutzmaßnahmen dar (Hände waschen, Abstand halten, Nies- und Hustetikette etc.).

Wer hat den PCR-Test entwickelt?

Der ursprüngliche Diagnostik-Test wurde bereits im Januar von Forschern um Prof. Christian Drosten am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung der Charité Berlin entwickelt. Ein weiteres anerkanntes Testprotokoll ist das vom Center for Disease Control in Atlanta, USA. Mittlerweile gibt es aber auch etliche private Unternehmen, die kommerzielle Testkits anbieten. Darunter auch Fast Track Diagnostics, ein Unternehmen mit Sitz in Luxemburg. Ihr SARS-CoV-2 Diagnostik-Test hat vor kurzem die Zulassung und das CE-Label erhalten, und wurde auch von der Regierung für die breit angelegte Test-Strategie der kommenden Monate ausgewählt.

Wie zuverlässig ist der PCR-Test?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass der PCR-Test mit Abstrich aus dem Rachenraum nur in einem bestimmten Zeitfenster der Infektion zuverlässig positive Fälle entdecken kann: nämlich zu Beginn der Infektion. Der Virologe Prof. Christian Drosten sagt dazu: „Die PCR im Rachenabstrich ist nur in der ersten Woche zuverlässig positiv, dann verschwindet bei einigen Patienten im Hals das Virus. In der zweiten Woche ist die nicht mehr ganz zuverlässig positiv. Dann hat der Patient immer noch Symptome, aber im Hals kann es dann sein, dass der Test das schon nicht mehr nachweisen kann. Das liegt nicht daran, dass der Test nicht gut wäre, sondern das liegt einfach daran, dass das Virus dann im Hals nicht mehr vorhanden ist, wohl aber in der Lunge.“ Das Virus kann dann nur noch mittels PCR in einem Abstrich aus den tiefen Atemwegen, wie z.B. aufgehustetem Sputum nachgewiesen werden.

Allgemein sind die Experten weltweit der Meinung, dass der Gen-Test innerhalb dieses Zeitfensters zuverlässig ist. Der kommerzielle Test von Fast Track Diagnostics, der jetzt in der flächendeckenden Test-Strategie zum Einsatz kommt, wurde am Luxembourg Institute of Health (LIH) von Forschern in den vergangenen Wochen evaluiert und mit drei ähnlichen Test verglichen (dem Original-Test der Charité, dem Protokoll des CDC und einem generischer Test, den die Forscher des LIH selbst entwickelt haben). „Unsere bisherigen Resultate zeigen, dass der Fast Track Diagnostics Test hoch empfindlich und spezifisch ist, und sehr wenige falsche Resultate ergibt“, lautet das Fazit von Prof. Markus Ollert, Leiter der Abteilung Infection and Immunity des LIH und einer Arbeitsgruppe der Covid-19 Task Force,  die sich mit der Entwicklung und Validierung von diagnostischen SARS-CoV-2 Tests beschäftigt.

Ollert‘s Team hat Sensitivitäts-Tests mit international anerkannten Standards als Referenz durchgeführt. Hierbei schauten sie sich eine Verdünnungsreihe von Virusproben an, und bei welcher Stufe der Test das Virus noch erkennen kann. „Der Test von Fast Track Diagnostics konnte Virus in einer Verdünnungsstufe tiefer als andere Tests erkennen“, so Ollert.

Warum kann es bei dem PCR-Test zu falschen Resultaten kommen?

Es wurden in den letzten Monaten immer wieder von Fällen berichtet, in denen Proben von Verdachtspersonen erst negativ und erst nach weiteren Tests positiv waren – sogenannte false-negatives.  

Bei den Tests wird meist nach zwei oder mehr Genen von SARS-CoV-2 in der Probe gesucht. Je mehr Gene untersucht werden, desto genauer und robuster ist der Test.

Markus Ollert illustriert dies mit einem Beispiel aus Luxemburg: „Im Rahmen der laufenden CON-VINCE Studie kam es bei einigen Proben vor, dass der Test für ein Gen positiv war und für das andere negativ. Das kann vorkommen, wenn die Viruslast niedrig ist – oft am Anfang oder am Ende einer Infektion. Wir haben diese Proben mit unserem eigenen generischen Test und dem von Fast Track Diagnostics nochmal getestet. Für alle vorher fraglichen Proben konnte mit dem Fast Track Diagnostics Test das zweite Gen auch positiv nachgewiesen werden.“

Warum es zu Berichten von false-negatives kam, kann mehrere andere Gründe haben: in China wurden am Anfang Abstriche aus den unteren Atemwegen entnommen, jedoch hat sich herausgestellt, dass in der frühen Phase der Infektion Abstriche aus dem oberen Atemwegen, also dem Rachen, ausschlaggebend sind. Ebenfalls möglich ist, dass manche Patienten sich ursprünglich mit einer normalen Grippe, und erst später mit Coronavirus infiziert haben.  Andere Fehlerquellen können nicht korrekt gelagerte oder transportierte Proben, ungenügendes Material im Abstrich oder menschliches Versagen beim Testverfahren sein.

Der Antikörper-Test

Was ist der Unterschied zwischen den PCR-Tests und den Antikörper-Tests?

Viele science.lu-Leser haben sich oder uns gefragt, warum bei der großflächigen Test-Strategie der Regierung nicht Antikörper-Tests statt PCR-Tests durchgeführt werden. Bei der Test-Strategie der Regierung geht es jetzt  zunächst darum, asymptomatische Personen mit einer aktuellen SARS-CoV-2 Infektion zu identifizieren und zu isolieren. Das kann nur mithilfe des PCR-Tests festgestellt werden.

In dem Antikörper-Test wird eine Blutprobe auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht. Dieser Test hat ein anderes Ziel, nämlich Personen zu identifizieren, die in der Vergangenheit mit dem Virus in Kontakt waren oder bei denen die Infektion zumindest bereits auf dem Weg der Genesung ist. Sind Antikörper in der Blutprobe nachweisbar, bedeutet dies mit großer Wahrscheinlichkeit, dass die Testperson eine Infektion mit dem Virus hinter sich hat, egal ob sie zum Zeitpunkt der Infektion davon wusste oder nicht.  Mit dem PCR-Test kann man dies nicht feststellen: ist die Infektion abgeklungen, ist in der Regel auch kein virales Erbgut mehr in Abstrichen der Atemwege nachweisbar.

Antikörper werden aber erst ein bis zwei Wochen nach Beginn einer Infektion vom Körper hergestellt und sind auch erst dann im Blut nachweisbar – was auch dem Zeitraum entspricht, in dem Infizierte am ansteckendsten sind. Mit dem PCR-Test kann man hingegen bereits ganz am Anfang einer Infektion erkennen, ob eine Person positiv ist oder nicht. Und je früher eine ansteckende Person identifiziert und isoliert wird, desto weniger Möglichkeiten hat sie andere Personen anzustecken.

Warum werden Antikörper-Tests durchgeführt?

Der Antikörper-Test wird vor allem im Rahmen von Forschungsstudien wie auch der luxemburgischen CON-VINCE durchgeführt, a) um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele Menschen bereits in Kontakt mit dem Virus waren (bemerkt oder unbemerkt), also wie verbreitet die Infektion in der Bevölkerung ist und b) um zu untersuchen, wie das menschliche Immunsystem auf eine SARS-CoV-2 Infektion reagiert.

Antikörper zu bilden ist Teil der Immunantwort unseres Körpers gegen fremde Erreger: er bildet Antikörper, die das Virus erkennen und zur Zerstörung markieren. Ein Teil dieser Antikörper wird im Laufe einer Infektion gebildet, um zu helfen das Virus abzuwehren. Aber es dauert etwa eine Woche, bis diese Antikörper gebildet werden und nachweisbar sind. Eine kleine Menge der gleichen Antikörper bleibt aber auch im Körper (und sind im Blut nachweisbar), wenn man schon wieder gesund ist. Kommt man mit dem gleichen Erreger später nochmals in Kontakt, können viel schneller als beim ersten Mal eine große Menge dieser Antikörper “nachproduziert” werden und sofort gegen eine neue Infektion ankämpfen. Deswegen wird man in der Regel kein zweites Mal krank, und man spricht von “Immunität” gegen diesen spezifischen Erreger. Auf dieser Basis funktionieren übrigens auch Impfstoffe.

Wie funktioniert der Antikörper-Test?

Traditionell wird die Blutprobe im Labor mit der sogenannten ELISA (enyme-linked immunosorbent assay)-Methode getestet. Hierbei wird eine verdünnte Blutprobe in eine Testplatte mit kleinen Löchern gefüllt, die vorher mit einem Teil des SARS-CoV-2 Virus beschichtet wurden. Sind in der Blutprobe Antikörper gegen das Virus enthalten, werden diese auf der Platte „gefangen“ und können so mittels einer Farb-Reaktion entdeckt werden.

Mittlerweile gibt es aber auch mehrere Schnelltests auf dem Markt, die ähnlich funktionieren wie ein Schwangerschaftstest. Statt Urin wird ein Tropfen Blut auf einen Teststreifen gegeben. Die Flüssigkeit wandert den Teststreifen entlang und mit ihr Antikörper – falls vorhanden – die unterwegs SARS-CoV-2 Eiweiβe begegnen und an diesen hängen bleiben. Das Resultat wird als farbiger Strich sichtbar.

Wie lange dauert es, bis ein Ergebnis vorliegt?

Der ELISA-Test dauert etwas länger als der PCR-Test, aber man könnte trotzdem innerhalb von 24-48 Stunden Resultate erhalten. Aktuell werden die Resultate aber noch einmal mit anderen Methoden überprüft, um sicherer zu sein, dass keine falschen Resultate dabei sind. Die Schnelltests versprechen Resultate innerhalb von Minuten.

Wie zuverlässig ist der Antikörper-Test?

Eine Studie hat vor kurzem 10 verfügbare Antikörper-Tests auf Zuverlässigkeit überprüft. Um herauszufinden, wie zuverlässig ein Test ist, wird geschaut wie empfindlich er ist (Sensitivität) und wie genau er ist (Spezifizität). Ein empfindlicher Test wird Personen mit Covid-19 korrekt identifizieren; ein genauer Test wird Personen ohne Covid-19 korrekt identifizieren.

Die Schlussfolgerung der Studie: Die Sensitivität der Tests lag meist bei über 90%, die Spezifizität bei 95-99%. Was bedeutet das konkret?

Eine Sensitivität von 90% bedeutet, dass der Test 9 von 10 Infizierten korrekt identifizieren wird. Einer von 10 Infizierten, die getestet werden, bekommen allerdings ein falsches Resultat (false negative): sie tragen das Virus in sich, aber der Test sagt nein.

Eine Spezifizität von 90% bedeutet, dass der Test 9 von 10 Nicht-Infizierten korrekt identifizieren wird. Aber einer von 10 Personen, die nicht infiziert sind, wird ein falsches positives Resultat erhalten (false-positive).

Wenn es um Antikörper-Tests geht, ist die Spezifizität wichtiger als die Sensitivität. Das ist umso wichtiger, wenn nur wenige Personen (z.B. 5%) in einer Bevölkerung Antikörper haben. Denn dann könnte die Zahl der false-positives sehr hoch sein.

Warum kann es beim Antikörper-Test zu falschen Resultaten kommen?

Da es ein paar Wochen dauern kann, bis Antikörper im Blut nachweisbar sind, kann der Zeitpunkt der Probenentnahme eine Rolle spielen. Auβerdem produziert jeder Infizierte unterschiedliche Mengen an Antikörpern – manche vielleicht zu wenig, um in den Tests entdeckt zu werden. Die WHO warnt auch, dass die SARS-CoV-2 Antikörper-Tests eventuell auch auf andere menschliche Coronaviren reagieren können.  

Bedeutet ein positiver Antikörper-Test, dass man immun gegen das Coronavirus ist und es nicht nochmal bekommen kann?

Für SARS-CoV-2 ist aktuell noch nicht wissenschaftlich bewiesen, ob und wie lange man nach überstandener Infektion tatsächlich immun und somit zumindest vorübergehend vor einer Neu-Infektion geschützt ist. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr hoch, dass es so ist. Wollen wir hoffen, dass es so ist. Denn nur dann wird ein Impfstoff, auf den momentan die ganze Welt wartet, auch funktionieren.

Autor: Michèle Weber (FNR)

Auch interessant

Studienteilnehmer gesucht Post-virale Fatigue: Post-Covid und Chronisches Erschöpfungssyndrom

Waren Sie an Covid-19 erkrankt und haben sich immer noch nicht erholt? Leiden Sie unter chronischer Müdigkeit? Dann ist ...

Immunschutz vs. Virus Was schützt besser vor Covid-19: Impfung oder überstandene Erkrankung? Ein Update

Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür und mit ihr wohl eine weitere Coronawelle. Dank Impfung, Booster und überstandene...

FNR , LIH

Auch in dieser Rubrik

Science Check Was sind die Vor- und Nachteile der Sommerzeit?

Zweimal im Jahr die Zeit umzustellen, soll (anscheinend?) Energie sparen, aber negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Was die Wissenschaft dazu sagt.

FNR
Künstliche Intelligenz Der EU AI Act: Motor oder Bremse für Forschung und Innovation?

Das erste Gesetz weltweit zur Regulierung Künstlicher Intelligenz ist gestimmt: der EU AI Act der Europäischen Union. Drei wissenschaftliche Experten erläutern, was sie von dem Regelwerk halten.

29. Februar
Kalendergeschichten Wie ist eigentlich unser Kalender entstanden?

Den 29. Februar gibt es nur alle vier Jahre – in den Schaltjahren. Doch warum ist das so und wie sind unsere Vorfahren draufgekommen?

FNR