Research Luxembourg
Großangelegte SARS-CoV-2-Tests waren Gegenstand intensiver politischer und gesellschaftlicher Debatten, wobei die Frage nach dem Nutzen von Tests bei asymptomatischen Personen im Mittelpunkt der Diskussion stand. Die Frage, ob asymptomatische Träger eine wichtige Rolle bei der Übertragung in der Bevölkerung spielen, bleibt daher von großer Bedeutung.
Im Mai 2020 hat Luxemburg als eines der ersten Länder ein großangelegtes Testprogramm (engl. large-scale testing; LST) eingeführt, bei dem sich alle Einwohner und Grenzgänger freiwillig und kostenlos regelmäßig testen lassen können. Die Tests, die vom 27. Mai bis 15. September 2020 während der ersten Phase des LST durchgeführt wurden, erfassten 49 % der Einwohner und 22 % der Grenzgänger. Hierbei konnten 26 % der positiven Fälle der ersten Welle der Epidemie entdeckt werden. Damit standen den Entscheidungsträgern fundierte Daten zur Verfügung, um die Infektionsketten frühzeitig zu brechen. Ohne das LST wäre die Infektionswelle, laut Computersimulationen, um 43 % höher ausgefallen.
Darüber hinaus stellt das LST eine einzigartige Möglichkeit dar, die Rolle asymptomatischer Träger zu bewerten. Basierend auf den in der ersten Phase gewonnenen Daten der Kontaktnachverfolgung konnten die Luxemburger Forscher zeigen, dass asymptomatische SARS-CoV-2-Träger höchstwahrscheinlich ähnlich stark ansteckend sind wie Menschen mit Symptomen.
Tatsächlich zeigen die Daten, dass asymptomatische Träger im Durchschnitt eine ähnliche Anzahl von Menschen infizieren wie Menschen mit Symptomen. Asymptomatische Träger, einschließlich derjenigen, die zum Zeitpunkt des Tests noch keine Symptome entwickelt hatten, sind daher ein wichtiger Faktor für die Entstehung und die Aufrechterhaltung von Infektionsketten.
Paul Wilmes, Luxembourg Centre for Systems Biomedicine, Universität Luxemburg.
Die Teststrategie wurde anhand eines dreistufigen Ansatzes entwickelt, bei dem das Risiko dem Virus ausgesetzt zu sein und die räumliche Nähe zu anderen Personen abgeschätzt wird, um so Aktivitätsbereiche mit hohem oder mittlerem Risiko zu klassifizieren. Die Analyse zeigte wie erwartet, dass Menschen, die in Sektoren mit hohem Risiko arbeiten, mit größerer Wahrscheinlichkeit positiv getestet werden. Die Daten zeigten auch, dass Menschen mit einem verfügbaren Haushaltseinkommen von weniger als 30.000 Euro pro Jahr ebenfalls ein hohes Risiko haben, infiziert zu werden.
Zusätzlich zu seiner direkten Auswirkung auf die Infektionsdynamik hat das LST auch eine Fülle von pseudonymisierten Daten geliefert, die nun genutzt werden können, um mehr über SARS-CoV-2 zu erfahren.
Ulf Nehrbass, Direktor des Luxembourg Institute of Health
Durch die Klärung der Rolle asymptomatischer Träger bei der Übertragung von SARS-CoV-2 liefert diese Analyse essentielle Hinweise für die Entwicklung zukünftiger Strategien zur Eindämmung und Begrenzung der Ausbreitung auf Bevölkerungsebene.
Infobox
Research Luxembourg ist eine gemeinsame Initiative der wichtigsten Akteure der öffentlichen Forschung in Luxemburg. Sie fördert die wissenschaftliche Zusammenarbeit in Luxemburg, indem sie talentierte Köpfe, kreative Innovatoren und visionäre Unternehmer in einem der internationalsten und zukunftsorientiertesten Länder Europas anzieht und verbindet. Sie zielt auch darauf ab, internationale Sichtbarkeit und Anerkennung für Luxemburgs Forschungsgemeinschaft zu schaffen.
Die COVID-19 Task Force wurde gegründet, um dem Land und dem Gesundheitssystem die gebündelte Expertise der verschiedenen Institutionen zur Verfügung zu stellen sowie Wissen, personelle und materielle Ressourcen zu mobilisieren, um die Herausforderung der COVID-19 Pandemie zu bewältigen.
Weitere Informationen finden Sie unter https://researchluxembourg.lu/
Als Teil seiner Exit-Strategie aus dem Lockdown hat Luxemburg eine einzigartige und umfassende Screening-Kampagne durchgeführt, bei der Einwohner und Grenzgänger eingeladen werden, sich freiwillig testen zu lassen. Ziel dieses landesweiten Screenings ("large scale testing" / LST) war es, die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu begrenzen, indem positive Fälle, einschließlich asymptomatischer Personen, frühzeitig identifiziert werden, um die Infektionsketten zu brechen. Gleichzeitig ermöglichte das LST eine genaue Überwachung der Ausbreitung des Virus innerhalb der Bevölkerung.
Die erste Phase des LST, koordiniert vom Luxembourg Institute of Health (LIH) und der COVID-19 Research Luxembourg Task Force, fand vom 27. Mai bis 15. September 2020 statt. Sie bestand aus sechzehn für Autos zugänglichen Teststationen (Drive-in) und einer Fußgänger-Teststation, mit einer maximalen theoretischen Kapazität von 20.000 Tests pro Tag. Die Bevölkerung wurde in drei Kontingente aufgeteilt, die in unterschiedlichen Abständen getestet wurden. Die erste Kategorie umfasste die Berufe, die am meisten exponiert sind und in Kontakt mit vielen anderen Menschen stehen (Gesundheitsberufe). Die zweite Kategorie bestand aus Personen, die bereits ins Berufsleben zurückgekehrt waren oder bald wieder arbeiten würden, während die dritte Kategorie repräsentative Stichproben der gesamten Bevölkerung Luxemburgs umfasste. Die wiederholte Testung dieser Kontingente und die rigorose Kontaktverfolgung sollten nicht nur die Bildung neuer Infektionsketten verhindern, sondern auch den Entscheidungsträgern Evidenz zur Verfügung stellen.
In der Phase I des LST wurden insgesamt 566.320 Tests basierend auf 1.436.000 Einladungen durchgeführt, was 69,7% aller durchgeführten Tests und einer Teilnahmequote von fast 39,4% entspricht.
Der Artikel ist (in englischer Sprache) auf der Website von Research Luxembourg verfügbar.
Autor: Research Luxembourg
Redaktion: Melanie Reuter (FNR)