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Das Wachstum wird durch eine Drohne beobachtet

So wie Menschen leiden auch Pflanzen unter Stress. Jedoch merkt man das beim Gewächs oft erst dann, wenn es zu spät ist. Es sei denn, man schaut von oben.

Möglichkeiten, ein Problem an der Wurzel zu packen, gibt es viele. Doch was ist, wenn die Wurzel selbst das Problem ist? Wenn also beispielsweise bei einer Pflanze die Wurzeln von Schädlingen angefressen werden? Da sich die Wurzel in der Erde befindet, kann man nicht sehen, was Sache ist. Man kann es nur ahnen. Und erst wenn sich die Folgen an der Pflanze bemerkbar machen, hat man die Gewissheit. Dann jedoch ist es für erfolgreiche Gegenmaßnahmen meist zu spät.

„Es kommt oft vor, dass Schädlinge wie die Larven der Kleinen Kohlfliege die Wurzeln von Raps anfressen“, sagt Miriam Machwitz. „Was dann dazu führt, dass die Pflanze weniger Wasser aufnehmen kann.“ Die Folge sei Wasserstress, fügt sie hinzu. Dadurch, dass die Pflanze weniger Wasser aufnehme, werde auch weniger Wasser über die Blätter transpiriert.

Im Gegensatz zu dem, was sich im verborgenen Wurzelreich abspielt, kann man diese Veränderung bei den Blättern sehen. Und das nicht erst, wenn sie anfangen zu welken. Allerdings benötigt man dafür Kameras und Sensoren, die über das für den Menschen sichtbare Licht hinaus Informationen erfassen, nämlich im Infrarot- oder im Thermalbereich.

Sind Wolken im Weg, haben Satelliten ein Problem

Miriam Machwitz arbeitet mit solchen Kameras. Die Umweltwissenschaftlerin erforscht am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) das Wachstum von Pflanzen. Mit Hilfe der Thermalkamera erkennt Machwitz, wie es um den Wasserhaushalt der Pflanze steht. „Denn je mehr Stress die Pflanze hat, desto stärker verändert sich das aufgenommene Signal“, erklärt sie.

Die Bilder beziehungsweise Infrarotbilder, mit denen die Forscherin arbeitet, stammen aus der Luft. Zum Beispiel von Fernerkundungssatelliten, die aus der Umlaufbahn Felder fotografieren. Der Vorteil dieser Satellitenbilder ist der, dass die Aufnahmen trotz der enormen Entfernung sehr detailliert sind. Der Nachteil ist, dass der Satellit diese detaillierten Bilder auch nur dann schießen kann, wenn keine Wolken im Weg sind.

Bei schnell wachsenden Pflanzen muss auch schnell reagiert werden

Aus diesem Grund setzen Machwitz und ihre Kollegen zusätzlich auch noch eine Drohne ein, die ebenfalls mit einer hochauflösenden Hyperspektralkamera ausgestattet ist. So können auch bei bewölktem Himmel Aufnahmen gemacht werden. Und das bei Bedarf auch in kürzeren Zeitabständen. „Bei einer landwirtschaftlich angebauten Pflanze wie Mais ist es wichtig, die entscheidenden Daten im richtigen Zeitpunkt zu erfassen“, sagt die Umweltwissenschaftlerin.

Mit den von oben aufgenommenen Wärmebildern lässt sich ganz genau sagen, wo Pflanzen eventuell von Stress betroffen sind. Und diese Fernerkundungsdaten ergänzen darüber hinaus auch die aus der so genannten Pflanzenwachstumsmodellierung gewonnen Erkenntnisse. So wird am LIST auch untersucht, wie sich der Trocken- oder Wasserstress, aber auch Nährstoff- oder Schädlingsstress auf Pflanzen auswirkt. Wie zum Beispiel auf Raps.

Fernerkundungsdaten ermöglichen präzise Bewirtschaftung von Feldern

Die jungen Pflanzen werden dabei verschiedenen Trockenstress-Szenarien ausgesetzt. Zusätzlich wird ein Teil der Pflanzen künstlich mit den Eiern des Rapsschädlings Kleine Kohlfliege besiedelt. Auf diese Weise lässt sich herausfinden, welche Faktoren für welche Reaktionen der Pflanze verantwortlich sind. Mit Hilfe der über verschiedene Spezialkameras im Sichtbaren, Infrarot- und Thermalbereich erfassten Fernerkundungsdaten lassen sich bereits minimale Temperaturunterschiede oder chemische Veränderungen auf der Blattoberfläche erfassen, die im direkten Zusammenhang mit Wassermangel oder aber Schädlingsbefall stehen.

Für die Landwirtschaft ist der Einsatz der Fernerkundungsdaten vor allem deshalb interessant, weil die Landwirte dadurch gezielt reagieren können. So spielt in der Landwirtschaft das Precision Farming, also das präzise Bewirtschaften von Feldern, eine immer größere Rolle. Dabei geht es unter anderem darum, Unterschiede des Bodens und der Ertragsfähigkeit eines Feldes zu berücksichtigen. Unterstützt werden sie dabei auch durch digitale Karten aus geografischen Informationssystemen. „Anhand der Karte sieht der Landwirt, wo er zum Beispiel mehr oder weniger düngen muss“, erklärt Machwitz. „So kommt der Dünger nur dort hin, wo er auch tatsächlich benötigt wird.“

Autor: Uwe Hentschel
Foto: LIST

 

 

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