(C) University of Luxembourg

Welchen Einfluss hat die Migrationspolitik auf die weltweite Arbeitsmigration? Joël Machadao Carneiro untersucht den wirtschaftlichen Impakt der Migration an der Uni Luxemburg.  

Eine „typische“ Luxemburger Biografie prägt den jungen Forscher Joël Machado Carneiro: portugiesische Wurzeln, geboren und aufgewachsen in Luxemburg, mehrsprachig, weltoffen und mit doppelter Staatsangehörigkeit.  Nach dem Schulabschluss absolviert Machado an der Université Catholique de Louvain in Belgien seinen Bachelor und Master in Wirtschaftswissenschaften. „Mich hat schon in der Schule fasziniert, zu verstehen, wie unsere Gesellschaft mit ihren wirtschaftlichen Verflechtungen funktioniert,“ erläutert Machado.  

Nach dem Master kam das Angebot, als wissenschaftlicher Assistent zu arbeiten und zu promovieren. „Ich hatte das Glück, durch meinen Doktorvater, einen international anerkannten Migrationsforscher, einen Themenbereich kennen zu lernen, der von besonderer gesellschaftspolitischer Relevanz ist“, so Machado. Der Migrationshintergrund der eigenen Familie war eine weitere Motivation für den jungen Mann.

Die Vielfalt der Einflussfaktoren auf Migration

Seit Mitte 2015 untersucht er für zwei Jahre am „Centre for Research in Economics and Management“ (CREA) der Universität Luxemburg den Einfluss der Migrationspolitik auf die weltweite Arbeitsmigration. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem wirtschaftlichen Impakt der Migration. „Asylsuchende werden meist erst erfasst, wenn sie eine definitive Aufenthaltsgenehmigung bekommen, die ihnen eine Eingliederung in die Arbeitswelt ermöglicht“, erläutert Machado. „Besonders interessieren mich die makroökonomischen Auswirkungen etwa auf den Arbeitsmarkt oder die gesamtwirtschaftliche Leistung.“

Für  die Forscher ist vor allem wichtig, die Mechanismen zu verstehen. „Stellen Sie sich vor,  es gäbe weltweit keine Migrationsbeschränkungen – wäre Afrika dann menschenleer und Europa oder vielleicht Australien überlaufen? Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Der Mensch ist nicht nur von wirtschaftlichen Kriterien gesteuert,“ so Machado. Will man dauerhaft im Land der Wahl bleiben oder wieder zurück? Muss die Familie in der Heimat unterstützt werden oder steht das Einkommen voll zur Verfügung? In seinen Modellen unterstreicht Machado daher die Rolle sozialer, kultureller und psychologischer Einflüsse. Auch die Kosten der Migration sind volkswirtschaftlich zu betrachten.

Erfassung nationaler Migrationspolitiken

Für ihre Forschung werten die Wissenschaftler am CREA große Datenmengen aus, wie sie die  Weltbank, die OECD oder Eurostat liefern. „Leider stehen international vergleichbare und aktuelle Daten nicht immer zur Verfügung. CREA leitet deshalb derzeit ein Projekt zur Erfassung nationaler Migrationspolitiken namens IMPALA, das einen besseren Vergleich ermöglichen wird,“ erklärt Machado.  „Das Projekt führen wir zusammen mit Universitäten wie Harvard oder der London School of Economics durch - ein Grund, weshalb ich gerade in Luxemburg  meinen Postdoc machen wollte.“

Dazu kommt neben der persönlichen Bindung ans Grossherzogtum das optimale Forschungsumfeld, das ihn motiviert hat, zurück nach Luxemburg zu kommen. „Ich habe mich für ein Postdoc Stipendium beworben und mein Projekt wird nun vom Fonds National de la Recherche (FNR) gefördert“, freut sich Machado. Mit Blick auf die Aktualität des Themas dürfte sein Forschungsfeld in den nächsten Jahren weiter wachsen und entsprechende Karriereperspektiven bieten. „Das Thema Migration ist mit vielen Vorurteilen behaftet“, weiβ Machado. „Wir  versuchen,  wissenschaftlich fundierte Fakten zu präsentieren und diese auch in die Öffentlichkeit zu tragen, damit Fehlinformationen sich nicht in der öffentlichen Meinung verankern.“

Autor: University of Luxembourg
Foto: University of Luxembourg

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Artikelserie "Sie forschen an der Uni Luxemburg"

Dieser Artikel ist Teil einer Serie Forscher-Portraits, die im Luxemburger Wort veröffentlicht wurden

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