(C) Uwe Hentschel

Damien Lenoble forscht am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) und hat sich dort im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv mit bestimmten Reifenkomponenten befasst.

In Zusammenarbeit mit Goodyear forscht Damien Lenoble am Luxembourg Institute of Science and Technology an einer Optimierung von Reifenkomponenten.

Bei der Herstellung von Reifen kommt es – wie bei so vielen Dingen im Leben – auf die Mischung an. Das richtige Verhältnis entscheidet über Eigenschaften wie Grip, Rollwiderstand und die Rutschfestigkeit auf nasser Straße. Der Haken ist allerdings, dass es zwischen diesen Faktoren eine Abhängigkeit gibt. Lässt sich die Leistung eines Merkmals steigern, führt das meist zur Leistungsreduktion einer anderen Eigenschaft.

Damien Lenoble weiß das. Der Wissenschaftler forscht am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) und hat sich dort im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv mit bestimmten Reifenkomponenten befasst. Bei der Herstellung kommen bereits seit langem zusätzlich zum Gummi Verstärkungschemikalien wie Carbon Black, also Industrieruß, und Siliziumoxid zum Einsatz. Und wie Lenoble erklärt, werde seitens der Reifenindustrie auch seit einigen Jahren daran geforscht, die Eigenschaften von Reifen durch den Einsatz von Nanoröhrchen aus Carbon (Carbon Nanotubes) zu verbessern.

Natürliches Diatomeen an Stelle von synthetischem Silica

Diese Röhrchen mit einem Durchmesser von nur wenigen Nanometern haben eine wabenförmige Struktur und sie besitzen eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit. Darüber hinaus verfügen sie über eine hohe Stabilität. Durch den Einsatz der Nanotubes in Reifen soll dieser einerseits in seiner Struktur fester werden, aber andererseits auch nachgiebiger, um den Materialabrieb an der Lauffläche zu reduzieren und um die Griffigkeit zu verbessern.

Auch Lenoble verfolgt dieses Ziel, nur dass in seinem Forschungsprojekt bei der Verbindung mit den Nanoröhrchen keine synthetischen Siliziumdioxide zum Einsatz kommt, sondern Diatomeen (Kieselalgen) und damit ein rein natürliches Produkt. „Diatomeen haben den Vorteil, dass sie sehr porös sind und der Gummi sie deshalb gut durchdringen kann“, erklärt er. Und darin unterscheide es sich von synthetischen Produkten.

Carbon-Anteil lässt sich deutlich reduzieren

Diatomeen kommen hauptsächlich in Gewässern vor. „Aber wir können es natürlich nicht einfach so aus unseren Flüssen nehmen“, sagt Lenoble. Aus diesem Grund werde Diatomit verwendet - eine weißliche, pulverförmige Substanz, die hauptsächlich aus den Siliziumdioxid-Schalen fossiler Diatomeen besteht. Wie der Wissenschaftler erklärt, habe es die gleiche Struktur, und es gebe Gebiete, in denen es in ausreichender Menge vorkomme. Die Verfügbarkeit der umweltfreundlichen Reifenkomponente sei damit gewährleistet.

Zudem könne durch den Einsatz von Diatomeen beziehungsweise Diatomit der Carbon-Anteil deutlich reduziert werden, wodurch sie die Umweltbilanz des Reifens ebenfalls verbessere. Im Labor habe sich diese Kombination bereits bewährt, erläutert er. Der nächste Schritt bestehe nun darin, Herstellungsprozesse für einen industriellen Einsatz zu entwickeln.

Bereits mehrere Patente angemeldet

Das Forschungsprojekt ist eine Kooperation zwischen dem LIST und der Forschungsabteilung des Reifenherstellers Goodyear. Unterstützt wurde der Forscher bei seinem „Green-Nanonano-Projekt“ auch durch den Fonds National de la Recherche (FNR). Konkret im Rahmen des FNR-Förderprogramms CORE, durch das Lenoble über einen Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 761000 Euro unterstützt wurde. Ziel von CORE ist es, die wissenschaftliche Qualität der wichtigsten öffentlichen Forschungsbereiche Luxemburgs zu stärken.

Von einer „exzellenten Zusammenarbeit“ spricht der Forscher, sowohl was die Kooperation mit Goodyear als auch die Unterstützung durch den FNR betrifft. Wenngleich es bis zur serienreifen Umsetzung seiner Idee noch ein langer Weg ist, so hat Damien Lenoble inzwischen bereits vier Patente angemeldet. Von der Anwendung dieser Patente sollen in ein paar Jahren dann Menschen profitieren, die auf anderen Wegen mit ihren Fahrzeugen unterwegs sind.

Autor: Uwe Hentschel
Foto: Uwe Hentschel

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