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Minais Gerais, Brasilien, September 2008: Unweit eines Mineneingangs stöbern einige Männer in einem Steinhaufen. Einer von ihnen, Professor Jacques Cassedanne, beschäftigt sich seit über vierzig Jahren intensiv mit der hiesigen Geologie; die drei anderen sind auf Stippvisite in der brasilianischen Region.

Dr. Frédéric Hatert der Uni Lüttich, Simon Philippo, Kurator der geologischen und mineralogischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Luxemburg, und Maxime Baijot, Doktorand der Geologie, durchsuchen zwei Wochen lang Minenabfälle und die Gruben selbst nach interessanten Steinen.

Auf der Suche nach interessanten Steinen

Die Minenbetreiber durchgraben den Pegmatit (siehe Infobox), eine in dieser Provinz häufige Gesteinsart, nach Schmucksteinen. Philippo und Kollegen hingegen suchen nach im Fels enthaltenen Phosphatmineralien.

„Die Pegmatite in Minas Gerais haben eine langgezogene und abgerundete Form“, erklärt Philippo. „Das Gestein ist überdies im Querschnitt in Zonen eingeteilt: der Kern besteht oft hauptsächlich aus Quarz, umgeben von Lithium-Mineralien.

Der äußere Mantel besteht aus verschiedenen Feldspat-Arten. Im Minas Gerais-Pegmatit ist diese Schicht außerdem mit Phosphatmineralien angereichert.“

Genau diese beiden Mineralfamilien und ihre Wechselbeziehungen zueinander untersucht Maxime Baijot für seine Doktorarbeit; eine Thematik, die bisher nur ansatzweise behandelt wurde.

Nutzen für die Metall- und Glasherstellung

Dabei ist das Thema nicht nur vom wissenschaftlichen Standpunkt her hoch interessant – es kann auch bei der Metall- oder Glasherstellung  von Nutzen sein, denn auch da ist die Kenntnis der Schmelz- und Wiedererkaltungsprozesse von Mineralien wesentlich.

Mit Hilfe verschiedenster Methoden gewann Baijot eine ganze Reihe an Einsichten in die Prozesse, welche die Phosphatmineral-Bildung  in Pegmatiten beeinflussen. Doch ein kleines rotes Phosphatmineral mit braun-grüner Umrandung machte die Wissenschaftler stutzig.

Die Probe wurde einer weiteren, stärkeren, Analysemethode unterzogen: Mit Hilfe der Elektronenmikrosonde können die Forscher nicht nur ermitteln, aus welchen chemischen Elementen ein Mineral aufgebaut ist, sondern auch, in welchen Mengen die einzelnen Stoffe vorhanden sind.

Ein gänzlich neues Mineral!

Das Resultat ließ die Forscherherzen höher schlagen: Sie hatten ein bisher unbekanntes Mineral entdeckt. Die das rote Frondelit-Mineral umgebende Umrandung ist neu – das braun-grüne Mineral wurde offiziell Qingheiite-(Fe2+) getauft.

Seine Entdeckung beschert den Wissenschaftlern aber nicht nur Ehre, sondern erhöht auch den wissenschaftlichen Wert der Kollektion des naturhistorischen Museums: Wer die Dünnschliffe studieren will, muss sich künftig entweder an Herrn Philippo oder an die Universität Lüttich wenden.

Autor: Liza Glesener

Foto: ©MNHN

Infobox

Pegmatit

Pegmatite sind eine Art magmatisches Gestein. Sie entstehen, wenn Magma,  d.h. flüssiger Stein, im Erdmantel nach oben steigt und wieder zur Festform erstarrt. Pegmatit bildet sich in der Regel aus stark wasserhaltigem Magma: Es ist relativ leichtflüssig und kann sich so oftmals über viele Kilometer in unterirdischen Gesteinsklüften weiterbewegen, ehe es erstarrt.

Von Magma zu Mineralien

Wenn Magma abkühlt, verfestigt es sich. Dabei bilden sich Mineralien, aus denen wiederum Gestein entsteht. Jedes Mineral hat seine ganz eigene chemische Zusammensetzung und Kristallstruktur. Das gleiche Magma bildet viele verschiedene Mineralien, denn die chemischen Grundstoffe sind zufällig verteilt und das Magma kühlt auch nicht überall gleich ab. Änderungen in der Temperatur, im Druck oder im Wassergehalt haben alle einen Einfluss.

Was hat Glasherstellung mit Phosphatmineralien zu tun?

Die Mineralfamilie der Phosphate beinhaltet über 500 verschiedene (bisher bekannte) Arten. Phosphatmineralien reagieren geologisch gesehen sehr empfindlich auf Änderungen in ihrem Umfeld. In der Praxis bedeutet dies, dass der Geologe jedem Phosphatmineral die zu seiner Entstehung benötigten Druck-, Temperatur- und Sauerstoffverhältnisse zuordnen kann.

Umgekehrt kann dieses Wissen in der Industrie eingesetzt werden. Will z.B. ein Glashersteller mit den Stoffen Eisen, Aluminium und Phosphat arbeiten, muss er wissen, unter welchen äußeren Verhältnissen diese sich zu dem Phosphatmineral Triphylit zusammensetzen. Denn Triphylit ist schwarz und lichtundurchlässig – unter Umständen bedeutet sein Vorhandensein also ein ruiniertes Glas.

 

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