(C) Jonathan Turner, LIH

Jonathan Turner und sein Team am LIH

Ist Stress wirklich schlecht für unsere Gesundheit? “Ja und nein”, antwortet Dr. Jonathan Turner, Leiter der Studie und Forscher in der Abteilung Immunologie des Luxembourg Institute of Health (LIH). “Manchmal ist ein bisschen Stress gesund, fördert sogar unsere Leistungsfähigkeit und Konzentration. Oder er lässt uns schnell auf Gefahren reagieren. “

“Nichtsdestotrotz ist Stress ungesund, wenn uns keine Zeit zur Erholung davon bleibt und er chronisch wird”, erklärt Jonathan Turner weiter. “Forscher haben seit Jahrzehnten gezeigt, dass Menschen, die unter chronischem Stress leiden, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben, beispielsweise für Diabetes, Krebs, Depressionen und Herz-Kreislauferkrankungen, um nur ein paar zu nennen.”

Langzeitkonsequenzen von Trennungserfahrungen in der Kindheit

Stressige Erfahrungen in der Kindheit sind ein  Beispiel für ungesunden Stress. Was sind die Langzeitkonsequenzen einer schweren Kindheit für die Gesundheit im Erwachsenenalter? Um dies weiter zu erforschen hat das Luxembourg Institute of Health eine große Studie gestartet. Sie soll untersuchen,  wie und warum Stress in der Kindheit unsere Gesundheit schädigen kann. Die Forscher betrachten dabei Risikofaktoren des Herz- Kreislaufsystems, Anfälligkeiten für Infektionen, psychologische Auswirkungen und die Stressantwort.

Junge Erwachsene (18-35 Jahre), die einen Teil ihrer Kindheit in einem Waisenhaus verbracht haben und/oder adoptiert wurden, können an der Studie teilnehmen (Anmeldungen noch bis Ende Februar 2016 an epipath@lih.lu). Auch Menschen, welche eine stressfreie Kindheit hatten, können als Teil der Kontrollgruppe teilnehmen.  Weitere Details in der Infobox.

Kindheitstrauma kann Umgang mit Stress im späteren Leben prägen

Erwachsene können viel besser mit Stress umgehen als Kinder. Die frühe Kindheit ist eine besonders empfindliche Phase, in welcher Stress einen viel stärkeren Einfluss hat. Die Bedeutung ist größer als man zu glauben meint. Traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit können die Art, wie wir auf Stress reagieren, für den Rest unseres Lebens verändern.

“Es scheint, als präge eine stressige Erfahrung im frühen Leben unsere biologische Stressantwort, welche die Erholung von Stress im Erwachsenenalter erschwert.”Schon vor einigen Jahren zeigte eine große epidemiologische Studie, dass ein Kindheitstrauma die Lebenserwartung verkürzt. Der Einfluss ist so stark, dass er den Effekten von lebenslangen Rauchen ähnelt.

Wie kann das sein?

Wie kann das sein? Eine mögliche Begründung ist, dass ein Kindheitstrauma unterbewusst unser Verhalten verändern kann, und wir beispielsweise ungesünder leben. Eine andere Erklärung wäre, dass ein frühes Trauma unsere körperlichen Reaktionen auf Stress beeinflussen kann. Das kann dazu führen, dass unser Körper beispielsweise heftiger auf alltäglichen Stress reagiert, wir uns also schneller stressen lassen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir langfristig gestresster sind und der Stress chronisch wird - mit allen gesundheitlichen Konsequenzen.

Dr. Jonathan Turner hat eine weitere Erklärung. “Wir glauben, dass Stress in der Kindheit fundamentale biologische Veränderungen durch einen Mechanismus, der Epigenetik heisst, bewirkt.” Epigenetik ist ein neues Forschungsfeld, was sich mit dem Einfluss unserer Umwelt auf unsere Gene beschäftigt.

Autor: LIH
Photo: Jonathan Turner und sein Team am LIH (
© Jonathan Turner, LIH)

 

Infobox

Epigenetik

 

Epigenetik ist ein neues Forschungsfeld, das sich mit dem Einfluss unserer Umwelt auf unsere Gene beschäftigt. Strukturelle Veränderungen an der DNA, also unserem Erbgut, können dazu führen, dass bestimmte Gene aktiviert oder deaktiviert werden. Wenn ein Gen nicht mehr richtig funktioniert kann das einen Einfluss auf das Verhalten der Zelle oder des Organismus haben. 

 

EpiPath Studie

 

EpiPath ist eine klinische Studie am Luxembourg Institute of Health, in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg und der Universität Trier.In dieser Studie versuchen wir zu verstehen, wie
Trennungserfahrungen in der frühen Kindheit das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Atemwegsinfektionen oder psychische Gesundheitsprobleme beeinflussen können.

 

Wer kann mitmachen?

 

Gesucht werden gesunde Probanden zwischen 18 und 35 Jahren:

1. die im jungen Alter adoptiert wurden oder
2. die bei den leiblichen Eltern aufgewachsen sind
(Vergleichsgruppe).

Ausserdem sollten die Probanden gute Deutschkenntnisse haben. Aufwandsentschädigung: 150 EUR. Interessierte können bis Ende Februar 2016 Kontakt mit dem Forschungsteam aufnehmen: EpiPath@lih.lu

 

Worin besteht die Studie?

 

Zwei Besuche:

1. Besuch (etwa 5 Stunden)
Eine Reihe von Tests
Aufgaben am Computer
Physiologische Messungen
2. Besuch (etwa 2 Stunden)
Interview + Fragebögen

Umfrage:

Monatlicher Online-Fragebogen über Ihre aktuelle Gesundheit (5-10 Minuten)

 

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