(C) Uwe Hentschel

Mahulena Hofmann ist Professorin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luxemburg.

Angenommen, ein Astronaut würde einen anderen Astronauten absichtlich schwer verletzen oder sogar töten. Würde sich dieser Zwischenfall auf der Erde ereignen, so müsste sich der Astronaut in dem Land für seine Tat verantworten, in dem diese auch passiert ist.

Doch was wäre, wenn es dazu in einer Raumstation käme, die in gut 400 Kilometern Höhe im Weltall um die Erde kreist? Und was wäre vor allem dann, wenn diese Raumstation zudem noch ein internationales Gemeinschaftsprojekt wäre?

Entscheidend ist das Herkunftsland

„Im Weltraum wird ein Verbrechen nach irdischem Recht betrachtet“, sagt Juristin Mahulena Hofmann. Und im Fall der internationalen Raumstation, die ja aus mehreren Modulen bestehe,  wäre dann der genaue Tatort entscheidend, fügt sie hinzu. Je nach Herkunftsland des Moduls käme es dann auch in diesem Land zur Strafverfolgung, erklärt Hofmann. Es sei denn, es sei zwischen den Mitgliedsstaaten der Raumstation vertraglich anders geregelt.

Bislang jedoch habe es einen solchen Fall noch nicht gegeben, sagt Hofmann, Professorin an der Fakultät für Rechts-, Wirtschafts- und Finanzwissenschaften der Uni Luxemburg. Und die Juristin muss es wissen. Denn zu ihren Forschungsfeldern gehört neben internationalem und europäischem Recht auch Weltraum- und Satellitenkommunkationsrecht.

Spione und Nuklearwaffen sind im All unerwünscht

„Normalerweise sind Territorien unter staatlicher Souveränität“, sagt sie. „Aber es gibt natürlich Bereiche, wo eine solche Regelung unsinnig wäre und wo man sich deshalb auf ein Recht geeinigt hat, das für die ganze Menschheit gilt.“ Angefangen habe man damit zunächst auf hoher See. Und in den 50er Jahren hätten sich dann verschiedene Staaten, allen voran die USA und die Sowjetunion, auf die Schaffung eines Weltraumrechts verständigt. Dieses Recht gilt für den gesamten Raum, der von der Erdoberfläche mehr als 100 Kilometer entfernt ist.

Es wurden mehrere Verträge erarbeitet und dabei unter anderem festgehalten, dass sich kein Staat Teile des Weltraums aneignen darf, dass das All nicht zur Platzierung nuklearer Waffen genutzt werden darf und dass Astronauten, ganz egal aus welchem Land sie stammen, nicht als Spione, sondern als Botschafter der Welt betrachtet werden. Erstaunlich ist für Hofmann dabei vor allem, dass es zu dieser Regelung in der Hochphase des Kalten Kriegs gekommen ist.

Luxemburg zählt zu den größten Weltraumstaaten

Seitdem ist das Weltraumrecht kontinuierlich weiterentwickelt worden. Es ist Bestandteil des UN-Völkerrechts und es gibt einen eigenen Weltraumausschuss der Vereinten Nationen, der sich mit den juristischen, aber auch technischen Aspekten der Weltraumordnung befasst. Für die Praxis von Bedeutung ist dabei laut Hofmann vor allem die Regelung für Nutzung von Radiofrequenzen, die im Rahmen der Internationalen Telekommunikationsunion (ITU) entstanden ist – was auch einer der Gründe ist, warum ausgerechnet die Uni Luxemburg dafür einen eigenen Lehrstuhl und zahlreiche internationale, sehr interessierte Studenten des entsprechenden Masterprogramms hat. Denn das kleine Großherzogtum zählt allein aufgrund der dort ansässigen Société Européene des Satellites (SES) mit ihren mehr als 50 geostationären Satelliten zu den größten Weltraumstaaten.

Regelungen für den Umgang mit Weltraumschrott

Neben Telekommunikation gibt es für Juristen aber auch noch andere Bereiche des Weltraumrechts, die zu klären sind. Zum Beispiel die Fragen, was mit dem ganzen Weltraumschrott passiert oder wer dafür haften muss, wenn es durch den Schrott zu einem Zwischenfall kommt. Wie Hofmann erklärt, gilt dabei im Grunde das Verursacherprinzip – genau wie auch auf der Erde. Allerdings hätten die Regelungen zur Entsorgung des Weltraumschrotts bislang nur einen empfehlenden und keinen verbindlichen Charakter.

Wobei abschließend der Vollständigkeit halber erwähnt werden muss, dass all diese Regelungen und Empfehlungen nur für die Erdbewohner gelten. Sollten außerirdische Lebensformen auftauchen, so sind diese natürlich nicht daran gebunden.

Autor: Uwe Hentschel
Foto © Uwe Hentschel

 

Infobox

Staatsbürgerschaft bleibt auch im All bestehen

 

Wie Rechts-Professorin Mahulena Hofmann erklärt, richtet sich im Weltall nicht nur das Recht nach dem Herkunftsland, sondern auch die Staatsangehörigkeit. „Menschen im Weltall verlieren nicht ihre Staatsangehörigkeit“, sagt sie, „auch dann nicht, wenn sie dort oben bleiben.“ Wer also aus dem Großherzogtum  ins Weltall auswandern würde, bliebe auch weiterhin ein Luxemburger. Interessant ist allerdings die Frage, was mit Kindern ist, die im Weltraum geboren werden. Laut Hofmann hat man zu Zeiten der Sowjetunion über ein ein angebliches Programm gemunkelt, das die Geburt von Kindern im Weltraum zum Ziel hatte, dann aber doch verworfen wurde. „Nach sowjetischen Recht hätten die Kinder dann die Staatsangehörigkeit der Eltern angenommen“, so Hofmann.

 

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