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Glücklicherweise braucht es ungewöhnliche Bedingungen, damit ein Tornado entstehen kann! Und glücklicherweise sind sie mit einem Durchmesser von einigen Meter bis zu einem Kilometer viel kleiner als ein tropischer Wirbelsturm (Hurrikan, Taifun oder Zyklon), und ihre Dauer liegt nur zwischen einigen Sekunden und einer Stunde! Dennoch, da wo die rotierenden Luftwirbel nun mal wüten, hinterlassen sie deutliche Spuren. Sie begnügen sich nämlich nicht damit, an einer Stelle zu verharren, sondern ziehen katastrophale Zerstörungsschneisen durch Stadt und Land und reißen - bei Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h bis im Extremfall zu 500 km/h - so ziemlich alles mit in die Höhe, auch das, was niet- und nagelfest ist. Und, sie können wenn überhaupt, nur sehr kurzfristig vorhergesagt werden.

Tornados faszinieren enorm: Unbändige Kraft- und Energiefreisetzung, rüsselförmiger Wolkenschlauch, angsteinflößendes Getöse, irritierender Zickzack-Kurs, in Begleitung von dunklen Gewitterwolken mit Starkregen, Hagel und Windböen. Auch in Luxemburg wurde dieses Jahr wieder ein Tornado im Norden des Landes dokumentiert. Und viele erinnern sich an den Tornado, der 2019 im Süden des Landes Schäden verursachte.  

Interessiert es dich, die meteorologischen sprich physikalischen Vorgänge eines Tornados zu verstehen? Als Belohnung bekommst du eine gute Portion Wissenschaftliches über Wind und Wetter dazu mitgeliefert, so dass du auch andere Wetterphänomene wie z.B. Gewitterbildung leichter verstehen kannst.

Tornados sind auch heute von den Wissenschaftlern noch immer nicht gänzlich und einwandfrei verstanden, und das gilt ganz besonders für ihr Entstehen. Dennoch, die Grundprinzipien sind bekannt.

Tornados können entstehen, wenn

  • bodennahe warme feuchte Luft von kalter trockener Luft in der Höhe überlagert wird, und
  • Windgeschwindigkeit und Windrichtung mit der Höhe ändern.

Dies kann in einer gewaltigen, sehr hohen Gewitterwolke passieren – einer sogenannten Superzelle – in der aufsteigende Luft unter bestimmten Bedingungen anfängt, sich um eine vertikale Achse zu drehen. Das reicht aber nicht, damit ein Tornado sich bildet. Es müssen auch noch Luftwirbel in Bodennähe entstehen, die sich zuerst um eine horizontale Achse drehen, und sich dann mit der Zeit vertikal aufstellen. Wenn eine größere Anzahl dieser bodennahen Wirbel sich unterhalb des rotierenden Aufwinds der Superzelle anhäufen, kann dieser Aufwind die Wirbel bündeln und durch einen Saugeffekt nach oben ziehen. So bildet sich nach einiger Zeit der für Tornados charakteristische rotierende Luftwirbel, der sich von Boden bis hinauf zur Wolke erstreckt.

Wie die einzelnen Schritte genauer funktionieren, kannst Du in diesem Artikel nachlesen. Und übrigens: Nicht alle Superzellen produzieren automatisch Tornados (nur in ca. 20% der Fälle stimmen die Bedingungen). Und es können auch Tornados unabhängig von einer Superzelle entstehen. Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf Tornados, die im Zusammenhang mit Superzellen entstehen.

Schritt 1: Wie entsteht eine Superzelle?

Eine hohe Luftfeuchtigkeit in der bodennahen Luft ist notwendig, damit überhaupt Kondensation, also Wolkenbildung einsetzen kann. Und die Temperatur muss vom Boden bis zur Wolkenobergrenze ausreichend stark abnehmen, jedenfalls stärker als in der Standard-Atmosphäre (siehe Infobox 1 weiter unten).

Die Atmosphäre ist also stark labil (siehe Infobox 3), umso mehr, weil die warme aufsteigende Luft viel Wasserdampf (Infobox 4) enthält, der während des Aufstiegs kondensiert und dabei Kondensationswärme abgibt. Die nach oben strömende Luft bleibt während des ganzen Aufstiegs wärmer als die Umgebungsluft. Der Auftrieb (Infobox 5) überwiegt also gegenüber dem Gewicht. Und so kommt es zu einer gewaltigen Aufwärtsströmung, die zur Entstehung von gigantischen Gewitterwolken, den Kumulonimbus-Wolken führt (Abbildung 1).

Und, weil viel Luft nach oben strömt (Aufwind) muss auch an anderer Stelle viel Luft nach unten strömen (Abwind). Es finden insgesamt enorme Luftmassenumwälzungen statt, eine der Voraussetzungen für das Entstehen von Tornados.

Abbildung 1: Kumolonimbus calvus-Wolke im Vordergrund und Kumulonimbus incus (Amboss) dahinter.
Quelle: Wikimedia Commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cumulonimbus_.jpg)

Doch es braucht eine weitere Zutat für das Entstehen einer Superzelle und somit auch von Tornados: Vertikale Windscherung (Infobox 6). Das heißt, dass die Windgeschwindigkeit nach oben hin zunimmt, und/oder der Wind seine Richtung ändert. Auf diese Wiese wird nämlich eine initiale Rotation der strömenden Luft erzeugt, eine Verwirbelung der Luft mit horizontaler Drehachse.

Nähert sich der rotierende Luftstrom dem großflächigen Bereich wo Aufwinde stattfinden, dann kippt die Drehachse von horizontal auf vertikal. In der Gewitterwolke kommt es zu einer gewaltigen drehenden Aufwind-Strömung von 2 km bis 10 km Durchmesser, von den Meteorologen „Superzelle“ genannt, oder auch noch „Mesozyklon“ (Abbildung 2).

Abbildung 2: Schematische Darstellung einer Superzelle vom Süden her betrachtet.
Quelle: Wikimedia Commons

Superzellen reichen bis auf eine Höhe von 12 bis 15 km. Dort herrschen Temperaturen von -70°C. Der Aufwind in einer Superzelle erreicht 60 km/h und kann bis zu 15°C wärmer sein als die Umgebungsluft. In der Höhe weht starker Wind, nicht selten um 80 km/h höher als in der bodennahen Luft. Dadurch erst kann sich eine Superzelle entwickeln, mit einer Lebensdauer von einigen Stunden. Ohne starken Höhenwind würden die Niederschläge nämlich in demselben Bereich fallen, wo der Aufwind stattfindet; dieser würde stark behindert, in andern Worten, der Motor der Gewitterwolke würde ausfallen, und die Gewitterwolke würde sich schnell auflösen.

Starker Höhenwind aber verschiebt den Niederschlagsbereich (= Abwindbereich) gegenüber dem Aufwindbereich. Die Wolke bekommt sozusagen „Schieflage“, so dass die Bereiche von Auf- und Abwind räumlich getrennt sind. Die Langlebigkeit der Superzelle ist gewährleistet.

Im mittleren Westen der USA (Texas, Oklahoma, Kansas, Nebraska), wo die meisten Tornados auf der Welt auftreten, ballen sich Gewitterwolken mit Superzellen zusammen, welch Ausmaße von der Hälfte Deutschlands annehmen. Die Bedingungen für die Entstehung von Tornados sind hier besonders günstig, weil hier warme, feuchte Luft vom Golfstrom mit kalter, trockener Luft aus den Rocky Mountains zusammentrifft.

Abbildung 3: Das Foto von Bernd März zeigt eine HP-Superzelle bei Annaberg (Sachsen) am 25.06.2016. Quelle:  https://wetterkanal.kachelmannwetter.com/was-ist-eine-superzelle/

Eine Superzelle ist noch lange kein Tornado, aber im bodennahen Einflussgebiet einer Superzelle kann ein Tornado entstehen. Dafür braucht es allerdings noch zwei weitere Schritte.

Schritt 2: Bodennahe Wirbelbildung

In der Superzelle rotiert der Aufwind am stärksten in einigen Kilometern Höhe. Damit ein Wirbel in bodennaher Luft entstehen kann, braucht es die Hilfe des Abwinds. Dieser bildet sich dort aus, wo die Niederschläge fallen. Die Niederschläge zerren nämlich die Luft mit nach unten, ähnlich wie ein großes Peloton eines Straßen-Radrennens die Luft ja auch mit sich reißt. Beim Absinken wird die Luft zwar erwärmt, doch weil dabei Wasser verdunstet und Eiskristalle schmelzen, wird ihr auch wiederum Wärme entzogen (siehe Infobox 4). Der Abwind ist schließlich kühler als die Umgebungsluft. Über dem Boden fließt der Abwind ab und bildet so den kräftigen kühlen Windstoß aus der Richtung des Niederschlagsbereichs, kurz vor dem Einsetzen des Niederschlags.

Der größte Teil des Abwinds strömt wieder zum Aufwindbereich zurück. Die Umgebung dieses Luftstroms ist von einer ausgeprägten horizontalen Temperaturänderung geprägt: Auf der einen Seite ist die Umgebung wärmer als auf der anderen Seite. Und das erzeugt eine Wirbelbildung, also Vortizität, um eine horizontale Achse. Auf der wärmeren Seite ist die Luft leichter, und tendiert nach oben. Auf der kälteren Seite ist sie schwerer und fällt nach unten. Es ist, wie wenn man am Lenkrad eines Autos links nach oben und rechts nach unten zieht: Das Lenkrad wird sich drehen. Diese Vortizität entsteht in Bodennähe und ist wesentlich stärker als diejenige, die durch Windscherung beim Aufwind in einiger Höhe erfolgt. Hinzu kommt dass die erst horizontale Wirbelachse sich nach und nach bis zur Vertikalen aufrichtet (Abbildung 4).

Abbildung 4: Schematische Darstellung des aktuellen Verständnisses, wie Tornados bei Superzellen entstehen. Reproduziert mit Erlaubnis - Copyright: Prof. Paul Markowski, Penn State University.   

Die eben beschriebene Wirbelbildung des Abwinds auf dem Weg zum Aufwindbereich ist hier sehr vereinfacht dargestellt worden. Auf jeden Fall soll sie der dominante Faktor bei der Entstehung von bodennahen Superzellen sein, wie Feldbeobachtungen sowie numerische Simulationen offen legen.

Schritt 3: Verstärkung der bodennahen Vortizität

Die bodennahe Vortizität entspricht etwa einem Hundertstel der Vortizität eines Tornados. Damit es zum Tornado kommt muss sie also bedeutend verstärkt werden.

Die Verstärkung erfolgt durch den sogenannten „Pirouetten-Effekt“, in Bezug auf die Eiskunstläuferin, die bei der Pirouette ihre Drehung erheblich steigert, dadurch dass sie die Arme beim Schwungnehmen zuerst weit ausstreckt und dann ganz nahe an den Körper heranzieht. Physiker erklären den Effekt mit der Erhaltung des Drehimpulses. Nach dem gleichen Prinzip wird die Vortizität eines Wirbels zunehmen, wenn drehende Luft zu  der Drehachse hin konvergiert.

Ob nun ein Tornado entsteht oder nicht, das hängt davon ab, wie stark der in Bodennähe rotierende kühle Abwind zum Gebiet des Aufwinds konvergiert. Zu einer starken Konvergenz kommt es, wenn die konvergierende Luft durch einen kräftigen Aufwind nach oben beschleunigt wird. Dadurch entsteht unten ein Gebiet tiefen Luftdrucks, das weitere Luft ansaugt, also weitere Konvergenz erzeugt. Damit dies alles in Gang kommt, müssen viele Faktoren gut aufeinander abgestimmt sein: Der Abwind darf nicht zu kühl sein, ansonsten widersetzt er sich dem Ansteigen zu stark; der Aufwind muss ungewöhnlich kräftig genug sein, um die konvergierende Luft mitzureißen; der Abwind muss schon vor dem Konvergieren genug vertikale Vortizität aufweisen.

Mit der schnellen Rotation der aufsteigenden Luft geht auch ein starker Zentrifugal-Effekt einher. Er bewirkt, dass die Luft von der Drehachse weggedrückt wird, dass also der Luftdruck in der Gegend der Achse abnimmt, was zur Folge hat, dass die Luft stärker dorthin hin angesaugt wird.

Es kommt schließlich zu dem bekannten rüsselförmigen Wolkenschlauch, in dem aufsteigende, schnell rotierende Luft einen starken dynamischen Sog bewirkt, der die Konvergenz der schon rotierenden Luft des Abwinds verursacht, und dabei die Vortizität dramatisch verstärkt.

Tornado in Luxemburg

Am Freitag, den 9. August 2019, zog gegen 17.40 Uhr ein Tornado über die Ortschaften Rodange, Lamadelaine, Pétange und Bascharage im Südwesten von Luxemburg hinweg. Dabei wurden 19 Personen verletzt und Häuser und Infrastruktur wurden massiv beschädigt. Die Windgeschwindigkeiten lagen zwischen 180 km/h und 250 km/h. Die zurückgelegte Distanz des Tornados betrug mindestens 14 km.

Diese Gewitterzelle begann sich gegen 17.00 Uhr Lokalzeit zu intensivieren und eine Superzelle war auf den Radarbildern zu erkennen. Im weiteren Verlauf verlagerte sich das Gewitter mit hoher Blitzaktivität in Richtung Dreiländereck (Athus-Longwy-Rodange). Etwa 20 Minuten später erreichte es die belgisch-französische Grenze und die Radarmessungen zeigten eine starke Superzelle in den unteren Atmosphärenschichten. Die Entstehung des Tornados unterhalb der Superzelle begann höchstwahrscheinlich kurz danach im Bereich der französischen Ortschaft Longwy und der Wirbel zog dann mit seiner höchsten Intensität zwischen 17.30 und 17.50 Uhr Lokalzeit über Pétange und Bascharage hinweg. Anschließend schwächte sich der Tornado allmählich ab und löste sich auf.

Über diesen Tornado gibt es auch eine wissenschaftliche Publikation. Hauptautor ist Luca Mathias von Meteolux.

Quelle: Meteolux

Mit zunehmender Höhe nehmen Lufttemperatur und Luftdruck ab. Allerdings unterschiedlich von Ort zu Ort und im Laufe der Zeit. Die über lange Zeit und über die ganze Erde gemittelten Werte für Temperatur- und Druckabfall mit der Höhe stellen die mittlere „ideale“ Atmosphäre dar, die Standard-Atmosphäre. Die Lufttemperatur sinkt um etwas weniger als 7°C pro Kilometer von 0 bis 11 km Höhe, der Luftdruck sinkt am stärksten im untersten Bereich, nach oben hin dann immer langsamer, von 1015 hPa (Meereshöhe) bis 220 hPa (11 km).

Stelle der eine einige Meter dicke Luftblase vor, die von einer unsichtbaren Haut eingeschlossenen ist. Die Haut soll nur die innere Luft von der äußeren Umgebungsluft abgrenzen. Die Luft im Innern der Blase hat ein gewisses Volumen und eine unveränderliche Masse, und sie hat überall gleiche Temperatur und gleicher Druck. In ihren Überlegungen benutzen Meteorologen solche Luftblasen, als gedankliche Modelle, um sie in der Atmosphäre hin und her, nach oben oder nach unten, zu verschieben, und auf diese Weise ihr Verhalten in der realen Umgebungsluft zu verstehen.

Lasse gedanklich ein Luftpaket (Box 2) vom Boden her aufsteigen. Das passiert zum Beispiel, wenn der Wind über einen Berg weht. Da der Luftdruck mit der Höhe abnimmt, dehnt sich das Paket aus, da der Druck im Innern gleich dem der Umgebungsluft sein muss. Diese Ausdehnung ist mit einer Temperaturabnahme verbunden. Gase die sich ausdehnen, kühlen ab, Gase die zusammen gepresst werden erwärmen sich! Solange die Luft trocken bleibt, der Wasserdampf in der Luft also nicht kondensiert, nimmt die Temperatur eines solchen Luftpakets um etwas weniger als 10°C pro Kilometer ab. Ist die Luft aber so feucht (gesättigt), dass während der Abkühlung Wasserdampf kondensiert, dann kühlt sich das Luftpaket weniger schnell ab. (Siehe auch Box 4). Bei der Kondensation nämlich wird sogenannte „latente Kondensationswärme“ freigesetzt.

In einer stabilen Atmosphäre ist die Temperaturabnahme mit der Höhe nicht allzu stark. Wird ein Luftpaket angehoben, so kühlt es sich stärker ab als die der Umgebungsluft. Es ist also kälter und schwerer als ein gleiches Volumen der Umgebungsluft. Das Gewicht des Luftpakets ist grösser als der Auftrieb, und das Luftpaket fällt wieder nach unten in die Ausgangslage zurück.

Wenn das Luftpaket in der stabilen Atmosphäre nach unten verschoben wird, erwärmt es sich stärker als sich die Umgebungsluft. Es ist also leichter und der Auftrieb ist grösser als das Gewicht. Es steigt wieder zur Ausgangslage hoch.

In der instabilen oder labilen Atmosphäre ist es genau umgekehrt: Die Atmosphäre kühlt sich nach oben stärker ab als ein Luftpaket, das nach oben verschoben wird. Diese ist also wärmer als die Umgebungsluft und somit leichter. Der Auftrieb ist grösser als das Gewicht: Das Luftpaket wird weiter nach oben getrieben, also noch weiter von der Ausgangslage weg.

In der Luft eines Luftpakets befindet sich außer Sauerstoff, Stickstoff und andern Gasen, auch noch unsichtbarer Wasserdampf (= gasförmiges Wasser). Der Wasserdampf ist in der Luft verteilt, man sagt auch gelöst. Warme Luft kann mehr Wasserdampf auflösen als kalte Luft. Zum Beispiel kann 1 m3 Luft bei 10°C 9,4 g Wasserdampf auflösen, bei 20°C 17 g, bei 30°C, 30 g. Enthält die Luft tatsächlich diese Maximalmenge an Wasserdampf, so spricht man von „(mit Wasserdampf) gesättigter Luft“.

Für feuchte nicht gesättigte Luft ist es interessant zu wissen, wie viel Wasserdampf die Luft enthält im Vergleich zum maximalen Wert bei der Sättigung. Dies wird mit Hilfe der relativen Luftfeuchtigkeit (in %) ausgedrückt. Beispiel: Wenn 1 m3 von 30°C warmer Luft 15 g Wasserdampf enthält, aber maximal 30 g enthalten könnte, so ist die relative Feuchtigkeit 50%.

Gelangt dieses Luftpaket durch Aufwärtsströmung nach oben, so kühlt es sich ab. In einer Höhe von 1400 m beträgt seine Temperatur noch 17°C. Das Luftpaket enthält immer noch die anfänglichen 15 g Wasserdampf, das entspricht aber jetzt genau dem Wasserdampf, den die Luft noch maximal enthalten kann. Strömt das Luftpaket weiter nach oben, so kühlt es sich weiter ab, kann nur noch weniger als 15 g Wasserdampf enthalten. Es muss also Wasserdampf raus aus der Luft: Der gasförmige Wasserdampf kondensiert, wird zu kleinsten Wassertröpfchen. Bei diesem Vorgang wird viel Wärme an die Luft abgegeben, die sogenannte „latente Kondensationswärme“. Es ist auch genau die Energie, welche die Wassertröpfchen aufnehmen, wenn sie verdunsten. Da sie die Energie der Umgebung entziehen, kühlen sie diese ab. Man spricht daher von Verdunstungskälte.

Die bei der Kondensation des Wasserdampfes freigesetzte Kondensationswärme spielt eine enorme Rolle bei der Bildung von Gewitterwolken und Tornados. Es ist nämlich genau die Energie, die in den Gewitterwolken freigesetzt wird. In unserm Beispiel liegt das Kondensationsniveau bei 1400 m Höhe. Es ist die Wolkenbasis. Solange die Luft weiter aufsteigt, kondensiert Wasserdampf, es werden also Wassertröpfchen ausgeschieden, die Gewitterwolke wächst, und es wird Kondensationswärme frei gesetzt. Dann kann sie bis in 15 km Höhe reichen.

Laut Archimedes ist der Auftrieb eines Luftpakets so groß wie das Gewicht eines gleichen Volumens der Umgebungsluft (= die vom Luftpaket verdrängte Umgebungsluft).

Ein mit Helium gefüllter Ballon hat ein geringeres Gewicht als ein gleiches Volumen der Umgebungsluft. Das Gewicht ist also kleiner als der Auftrieb: Der Ballon steigt nach oben, sobald er losgelassen wird. Genau so ist es mit einem Luftpaket, dessen Temperatur höher als die der Umgebungsluft ist. Wird nämlich Luft erwärmt, so dehnt sie sich aus. Ein gewisses Volumen der wärmeren Luft enthält also eine kleinere Masse Luft als ein gleiches Volumen von kälterer Luft. Es ist also leichter als das gleiche Volumen von kälterer Luft. Im Alltag sagt man (etwas ungenau): Warme Luft ist leichter als kalte Luft!

Übrigens: Ein Luftpaket mit gleicher Temperatur wie die der Umgebungsluft schwebt im Gleichgewicht in der Atmosphäre: Auftrieb und Gewicht sind ja genau gleich groß.

Die Vortizität oder Wirbelstärke gibt an, wie stark das Geschwindigkeitsfeld der Luft um eine Achse rotiert. Bei horizontaler Achse, parallel zum Erdboden, spricht man von horizontaler Vortizität, bei vertikaler Drehachse, rechtwinklig zum Erdboden, von vertikaler Vortizität. Man unterscheidet zwischen den vertikalen Vortizitäten auf verschiedenen Flächen gleichen Luftdrucks, zum Beispiel auf der 500 hPa-Druckfläche, auf der 700 hPa-Druckfläche, …

Wenn die Windrichtung und/oder die Windgeschwindigkeit sich in einem Raum von Ort zu Ort ändern, haben wir es in diesem Gebiet mit Windscherung zu tun. Sie ruft immer eine Verwirbelung der Luft hervor, sie erzeugt Vortizität. Stelle dir ein Windrad vor, das du gedanklich in den Luftstrom setzt. Weht der Wind oben stärker als unten, so dreht sich das Rad: eine solche Strömung erzeugt also Vortizität. Genauso ist es, wenn oben und unten der Wind aus verschiedenen Richtungen weht. Die durch vertikale Windscherung hervorgerufene Vortizität ist horizontal.

Autor: André Mousset (Physiker)
Redaktion: Michèle Weber, Joseph Rodesch (FNR)
Vielen Dank
auch an Luca Mathias von Meteolux, der uns bei der Vorbereitung dieses Artikel sehr geholfen hat!

Infobox

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