© SpaceX, verfügbar über CC BY-NC 2.0 via Flickr.

SpaceX Falcon 9 und Dragon Rakete heben von Startrampe 39A für CRS-10 ab (Bild aus dem Jahr 2017).

Dieser Artikel ist eine Übersetzung einer leicht angepassten Pressemitteilung der Universität Luxemburg, die ursprünglich auf der Research Luxembourg Internetseite veröffentlicht wurde.

Am 12. Juni startete das Interdisciplinary Centre for Security, Reliability and Trust (SnT) der Universität Luxemburg mit AI4Space sein erstes eigenes Experiment im Weltraum. Das auf einem Skykraft-Satelliten untergebrachte SnT-System startete an Bord einer SpaceX-Rakete von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien. Der Satellit ist derzeit auf dem Weg zu seinem endgültigen Bestimmungsort in der erdnahen Umlaufbahn, wo er ausgesetzt und getestet wird, bevor das SnT-Experiment gestartet wird.

Satellitenanomalien durch maschinelles Lernen erkennen

Beim Experiment werden Algorithmen des maschinellen Lernens getestet, um Temperaturanomalien in Satellitensystemen auf eine fortschrittlichere Art und Weise zu erkennen, als dies derzeit der Fall ist.

Das Experiment ist vor allem für die Raumfahrtindustrie von Bedeutung, aber seine Anwendungen sind weitreichend. Die Temperatur eines Satelliten zu messen - oder jedes anderen elektronischen Geräts - ist nämlich ein zuverlässiges Mittel, um seinen Zustand zu überwachen.

Um eine Analogie zum menschlichen Körper zu machen, ist es so, als würde man gleichzeitig die Temperatur und den Puls eines Menschen messen. Und während die absoluten Werte wichtig sind, können uns die Temperaturschwankungen im Laufe der Zeit etwas über den Gesundheitszustand des Satelliten verraten.

Dr. Jan Thoemel, Leiter des CubeSatLab am SnT, Universität Luxemburg.

Traditionell basierten diese Messungen immer auf einer Out-of-Range-Methode: Solange die Temperatur unter einem bestimmten Schwellenwert blieb, galt der Satellit als in gutem Zustand. "Allerdings kann im Zusammenspiel einiger Komponenten etwas schiefgehen, lange bevor der Temperaturgrenzwert erreicht wird", fügt Jan Thoemel hinzu. "Unser Experiment nutzt Algorithmen des maschinellen Lernens, um komplexe Muster in den Temperaturveränderungen zu erkennen, die ein Problem in Echtzeit aufdecken können, bevor es zu einem größeren Ausfall führt", erklärt er.

Die Erkennung thermischer Anomalien ist für alle Satellitenplattformen geeignet, von kleinen CubeSats bis hin zu großen Kommunikationssatelliten. Der an Bord eingesetzte Algorithmus für maschinelles Lernen wurde so konzipiert, dass er auch auf Hardware mit geringem Rechenaufwand effizient ist, um Anomalien an Bord in Echtzeit zu erkennen.

Dr. Arunkumar Rathinam, Post-doc im CVI2 Labor des SnT, Universität Luxemburg.

Zusammenarbeit von zwei Forschungsteams

AI4Space wurde von einem Team von Forschern der Forschungsgruppen Space Systems Engineering (SpaSys) und Computer Vision, Imaging and Machine Intelligence (CVI2) der Universität Luxemburg entwickelt.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit konzentrierte sich das SpaSys-Team auf den Entwurf, die Entwicklung und die Integration von Hardware und initiierte die Entwicklung von Algorithmen des maschinellen Lernens für die Erkennung von Anomalien und den Einsatz von Code.

AI4Space Hardware (Photos: SnT, Universität Luxemburg)

Die CVI2-Gruppe steuerte ihr Fachwissen im Bereich des maschinellen Lernens bei, um den Algorithmus zur Erkennung von Anomalien zu trainieren und ihn auf einem Edge-Gerät einzusetzen. Die Hardware, die auf dem Kleinsatelliten montiert wurde, besteht aus einer 10 x 10 cm großen Platine mit Sensoren, Widerständen, Infrarotkameras zur Temperaturmessung und einem Bordcomputer zur Verarbeitung der Algorithmen.

Das gemeinsame SpaSys-CVI2-Team besteht aus Dr. Jan Thoemel, Konstantinos Kanavouras, Prof. Andreas Hein, Prof. Djamila Aouada, Dr. Arunkumar Rathinam, Dr. Leo Pauly, Dr. Miguel Ortiz del Castillo und Maanasa Sachidanand. Miguel Ortiz del Castillo und Andreas Hein initiierten die Konzeption des AI4SPACE-Projekts, und das Team nahm Anfang 2022 seine Arbeit auf. Die Entwicklung der Platine, einschließlich der Montage und der Tests, wurde in der Reinraumkabine des CubeSatLab von SnT durchgeführt - ebenso wie die maschinellen Lernalgorithmen auf dem Bordcomputer. Im Januar 2023 wurde das System vorsichtig nach Australien transportiert, wo es auf dem Skykraft-Satelliten montiert wurde.

Eine iterative Entwicklungsmethodik

Um ein Experiment zu entwickeln, muss man bereit sein, unbekannte Herausforderungen zu meistern - insbesondere im Weltraum, wo es keinen Platz für Fehlschläge gibt. "Wir haben AI4Space nach den Grundsätzen des Lean Management entwickelt und dabei an schrittweisen Effizienzsteigerungen gearbeitet", sagt Jan Thoemel.

Was die technische Seite betrifft, so wurde das Experiment auf agile Weise entwickelt: Wir haben den Entwicklungsplan in mehrere schnelle Iterationen aufgeteilt, die eine gemeinsame Entwicklung von Hardware und Software beinhalteten. Auf diese Weise konnten wir AI4Space anhand von Ergebnissen aus der Praxis testen und verbessern.

Konstantinos Kanavouras, Doktorand im SpaSys-Labor  am Snt der Uni Luxemburg.

"Unser Ansatz, die Hardware-Implementierung von Anfang an einzubeziehen, um sowohl theoretische als auch praktische Herausforderungen iterativ anzugehen, hat sich als erfolgreich erwiesen: Wir haben das System innerhalb des Zeit- und Kostenrahmens fertiggestellt und konnten spätere Änderungen des Zeitplans und der technischen Schnittstellen problemlos berücksichtigen", fügt Thoemel hinzu.

Die Entwicklungsmethodik ist besonders wichtig für künftige Anwendungen dieser Technologie, da Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn drei- bis viermal pro Tag mit der Erde kommunizieren; die übrige Zeit müssen sie autonom arbeiten. Wenn ein Satellit autonom eine Anomalie erkennt, bevor sie zu einem Problem wird, und in der Lage ist, sie zu beheben, verlängert sich seine Lebensdauer bei gleichzeitiger Minimierung des Überwachungsaufwands.

Das AI4Space-Experiment hat zum Ziel, den Algorithmus zur Erkennung anomaler Temperaturmuster zu verfeinern. Die Forscher bereiten sich nun darauf vor, den Betrieb aufzunehmen, Befehle zu erzeugen und Daten herunterzuladen. "Wir werden die Daten und die Ergebnisse der bordseitigen Anomalieerkennung analysieren und sie für alle zugänglich machen. Wir erwägen auch, den Algorithmus neu zu trainieren, um die Erkennung von Anomalien an Bord weiter zu verbessern", so Thoemel abschließend.

Autor: Universität Luxemburg
Redaktion: Hélène Jacuszin (Research Luxembourg)
Übersetzung: Michèle Weber (FNR)
Titelfoto: SpaceX, verfügbar via CC BY-NC 2.0 via Flickr

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