Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die Bundesregierung aufgerufen, Anreize für Ärzte zur Weiterarbeit im Rentenalter zu schaffen. Es gebe ein Potenzial von 20.000 zusätzlichen Vollzeitstellen, sagte Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Sonntag). "Wenn wir es schaffen, engagierten Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand den Wiedereinstieg zu erleichtern, wäre das ein echter Gewinn für die Versorgung und ein entscheidender Schritt hin zu einer nachhaltigen Fachkräftestrategie im Gesundheitswesen."

Neben Steuererleichterungen forderte Reinhardt eine Befreiung der Einkommen von Sozialversicherungsbeiträgen und Entlastungen bei der Bürokratie. Das "wären starke Signale", betonte er. Vielen Ärztinnen und Ärzte bringe die Arbeit mit ihren Patientinnen und Patienten Erfüllung und Freude. Dennoch verdiene ihr freiwilliges Engagement auch finanzielle Anerkennung.

Reinhardt bezog sich mit seinen Äußerungen auf eine nicht repräsentative Online-Umfrage im Auftrag der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die von deren Publikation "Deutsches Ärzteblatt" ausgeführt wurde. Von den 5000 Befragten gaben etwa drei Viertel der Ärztinnen und Ärzte an, sich eine Weiterarbeit bis zum 70. Lebensjahr oder länger vorstellen zu können, wie RND berichtete. Rund 20 Prozent halten demnach eine Tätigkeit mindestens bis zum 75. Lebensjahr für denkbar.

Aus der Umfrage geht dem Bericht zufolge aber auch hervor, dass die Befragten Bedingungen für eine Weiterarbeit stellen. Drei Faktoren wären demnach entscheidend: 90 Prozent sprachen sich für eine freie Zeiteinteilung aus, 81 Prozent für weniger Bürokratie und 76 Prozent für finanzielle Anreize. "Wer im Ruhestand weiterarbeitet, will sich nicht mit betriebswirtschaftlichen Fragen, Personalführung oder Bürokratie herumschlagen", sagte Reinhardt weiter.

Schon jetzt gibt einen erheblichen Arbeitskräftemangel in der Medizin: Laut RND sind derzeit beispielsweise 5000 Hausarztstellen unbesetzt. Nach Zahlen der Ärztestatistik 2024 haben demnach über 100.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte das 60. Lebensjahr bereits erreicht und damit rund 23 Prozent der berufstätigen Ärzteschaft.