(C) Abdul Sheik/Jean-Nicolas Audinot (LCSB/LIST)

Das Bild zeigt eine 3D Projektion von drei Strängen, die aus aneinander gereihten Bakterienzellen bestehen. Die regenbogenfarbigen Zonen stellen die selektive Nährstoffaufnahme in einzelnen Zellen dar.

Eine kontroverse, aber erfolgreiche Investitionsstrategie in unbeständigenen Märkten sind Sicherungsgeschäfte, die das Risiko streuen: gegensätzliche Investitionen werden gleichzeitig auf zwei verschiedenen Märkten getätigt, um das Gesamtrisiko zu minimieren und den Profit zu maximieren.

Neue Ergebnisse der Forschungsgruppe Eco-Systems Biology am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxembourg und Forschern am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) legen nahe, dass Mikroorganismen ähnliche Strategien anwenden, um Vorräte anzulegen, wenn ihr Ökosystem, wie zum Beispiel Kläranlagen, unvorhersehbaren Schwankungen unterliegt.

Diese Ergebnisse sind heute in dem Artikel "In situ phenotypic heterogeneity among single cells of the filamentous bacterium Candidatus Microthrix parvicella" veröffentlicht worden.

Selektive Nährstoffaufnahme innerhalb einer Population

Die Forscher hatten in vorrausgegangenen Studien an Microthrix parvicella, einem Mikroorganismus, der weltweit bakterielle Gemeinschaften in Kläranlagen dominiert, bereits festgestellt, dass dieser Organimus das An- und Abschalten seiner Gene gezielt regulieren kann, um vorhandene Nährstoffe wie Fette, Proteine und Kohlenhydrate optimal zu nutzen. Nun wollten sie nachvollziehen, wie einzelne Zellen zu diesem allgemeinen Muster beitragen.

Zu ihrer Überraschung fanden die Forscher, dass bestimmte Nährstoffe nur von manchen, aber nicht von allen Bakterienzellen aufgenommen wurden. Dieses uneinheitliche Verhalten innerhalb der Microthrix parvicella Population stellt vermutlich eine Anpassungsstrategie an die unvorhersehbaren Bedingungen dar, ähnlich wie man es in unbeständigen Märkten beobachten kann.

Gleiche Strategie im Ökosystem Darm?

Der mangelnde Hunger auf die dargebotenen Nährstoffe in manchen Zellen der gleichen Population gleicht also einem Hedgefondgeschäft, das die Gesamtpopulation auf alle Eventualitäten vorbereitet und somit ihren langfristigen Erfolg garantiert.

Die Studienergebnisse haben auch unser Verständnis anderer mikrobiellen Gemeinschaften weitergebracht. Zum Beispiel sind mikrobielle Gemeinschaften im menschlichen Darm durch unsere Essgewohnheiten starken Schwankungen des Nährstoffangebots ausgesetzt. Ein grundlegendes Verständnis, wie sich Bakterien auf solche Schwankungen einstellen, kann so auch helfen gesundheitsfördernde  Darmbakterien dauerhaft zu erhalten.

Autor: Paul Wimes (LCSB)
Photo © Abdul Sheik/Jean-Nicolas Audinot (LCSB/LIST)Das Bild zeigt eine 3D Projektion von drei Strängen, die aus aneinander gereihten Bakterienzellen bestehen. Die regenbogenfarbigen Zonen stellen die selektive Nährstoffaufnahme in einzelnen Zellen dar. Diese Bilder wurden mit einem speziellen Mikroskop aufgenommen, einem NanoSIMS. Mehr Infos zu diesem Gerät hier

Infobox

Veröffentlichung

 

Sheik A, Muller E, Audinot J-N, Lebrun L, Grysan P, Wilmes P. 2015. In situ phenotypic heterogeneity among single cells of the filamentous bacterium Candidatus Microthrix parvicella. The ISME Journal, advance online publication, doi: 10.1038/ismej.2015.181. Hier der Link

 

Kontakt

 

Paul Wilmes, Associate Professor 
Eco-Systems Biology Group (LCSB, University of Luxembourg)

 

Auch interessant

Bloomin‘ Algae App So können Bürger helfen, Blaualgen in Luxemburgs Gewässern zu überwachen

Mit der Smartphone-App Bloomin‘ Algae kann jeder in Luxemburg Wissenschaftlern am LIST helfen, Cyanobakterien frühzeitig...

Fort mam Onkraut Wéi eng Alternative ginn et eigentlech fir Glyphosat?

Zanter iwwert engem Joer ass Glyphosat zu Lëtzebuerg verbueden. Mee wat sinn d’Alternativen, fir hautdesdaags Onkraut ze...

FNR
SnT Partnership Day Bewährte Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung

Das SnT der Uni Luxemburg gehört inzwischen zu den weltweit bedeutendsten Forschungszentren für Software-Entwicklung. Ei...

SnT

Auch in dieser Rubrik

Öffentlicher Transport Das Auto stehenlassen: Worauf es ankommt, damit Menschen auf Bus und Bahn umsteigen

Was müssen Bus und Bahn bieten, damit Luxemburgs Fahrgäste den öffentlichen Nahverkehr regelmäßig nutzen? Dieser Frage geht eine neue Studie nach und liefert Verkehrsbetrieben und Politik Impulse.

Feldhamster
Artensterben Biodiversität: 2-mal mehr Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht als bisher angenommen

Nicht eine, sondern zwei Millionen Arten weltweit sind vom Aussterben bedroht. Das haben Forscher des Nationalmuseums für Naturgeschichte jetzt herausgefunden. Wir haben nachgefragt, was das bedeutet...

Auf dem Weg zur Dekarbonisierung Klimawandel stoppen: Wie können wir unseren CO2-Fußabdruck verkleinern?

Wie hoch ist unser CO2-Fußabdruck? Was ist in unserem Alltag wirklich schlecht fürs Klima? Und vor allem: bringen unsere Bemühungen noch etwas? Wir haben mit einer Expertin gesprochen.

Forschung im Weinbau Wie der Weinbau in Luxemburg sich dem Klimawandel anpasst

Mittlerweile hat der Klimawandel nicht mehr nur positive Auswirkungen auf den Weinbau. Wissenschaftler am LIST und dem IVV erforschen diverse Anpassungsmaßnahmen.