(C) Tom Grill/Corbis

Was vor 20 Jahren mit einer Handvoll Wissenschaftlern begann, soll sich nun vollends auf der internationalen Biotech-Landkarte etablieren: Eine starke Forschung in der Biomedizin soll nicht nur den hier ansässigen Patienten dienen, sondern zukünftig auch eines der Standbeine der Luxemburger Wirtschaft werden.

In der biomedizinischen Forschung werden die kleinsten Details des menschlichen Körpers genau unter die Lupe genommen: Wie verständigen sich unsere Zellen? Warum haben einige Menschen Heuschnupfen, und andere nicht? Sind Defekte in bestimmten Genen für bestimmte Krankheiten verantwortlich, und wenn ja, kann man die Fehler berichtigen? Welches Medikament eignet sich am Besten zur Behandlung von, zum Beispiel, Bluthochdruck?

Die Antwort auf letztere Frage: Es hängt vom Patienten ab.

Bluthochdruck ist nicht gleich Bluthochdruck – die genauen Ursachen der Erkrankung variieren und daran müsste eigentlich auch die Behandlung angepasst werden.

„Trotzdem werden generell fast immer ACE-Hemmer verschrieben, obwohl sie bei 20-30% der Patienten nicht wirken und bei weiteren 5-10% zu Nebenwirkungen führen,“ so Prof. Dr. Rudi Balling vom Luxembourg Centre for Systems Biomedicine. Dies geschieht nicht aus schlechtem Willen so, sondern aus Mangel an Wissen.

Erst die Riesenmengen an Daten, welche besonders in den letzten Jahren zusammengetragen wurden (z.B. durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms) erlauben eine detaillierte Betrachtung. Ein erhofftes Ziel der Biomedizin ist es, die genetisch bedingten Unterschiede zwischen Menschen zu verstehen. Auf dieser Basis soll dann in Zukunft jeder Patient eine auf ihn zugeschnittene Behandlung erhalten.

Für Luxemburg doppelt bedeutsame Forschung

Eine starke Luxemburger Beteiligung in der Biomedizin hat gleich zwei Vorteile fürs Land.

Erstens profitieren die ansässigen Patienten, denn wo aktiv geforscht wird, werden auch die Ergebnisse schneller in die Praxis umgesetzt. Dass man hierzulande einen speziellen Fokus auf altersbedingte Krankheiten wie Krebs, Parkinson, Alzheimer, und Herz- und Gefäßkrankheiten legt, hat schon seine Gründe: Auch unsere Bevölkerung wird immer älter.

Zweitens profitiert aber auch die Wirtschaft, denn die biomedizinische Forschung treibt  die biomedizinische Industrie an – und die ist nicht nur gewinnbringend, sondern schafft auch Arbeitsplätze.  Von den geförderten Forschungszentren erwartet man sich Spin-Offs, das heißt neue, unabhängige Firmen, die mit den Forschungsergebnissen da weitermachen, wo die Wissenschaft aufhält. Hier wird aus Erkenntnissen und Ideen ein Produkt entwickelt (z.B. ein neuartiges Medikament) und anschließend vermarktet. Ein Teil des beim Verkauf erwirtschafteten Geldes fließt dabei meist in die Forschung zurück – und kommt damit wieder der Allgemeinheit zugute.

Autor: Liza Glesener

Foto: ©Tom Grill/Corbis

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Herzerkrankungen

Dr. Daniel Wagner ist Leiter des Labors für kardiovaskuläre Forschung des Luxembourg  Institute of Health Er untersucht, wie man Prognosen für einen Herzinfakt erstellen und wie man einen Herzinfakt therapieren kann.  „In Luxemburg – wie in der gesamten westlichen Welt – bleiben die Erkrankungen des Herzens die Todesursache Nummer eins,“ sagt Wagner.  „Ziel unserer Forschung ist es, die Behandlung vom Herzinfarkt dem Patienten individuell anzupassen.“

Parkinson und Krebs

An der Uni Luxemburg (LCSB) forscht man an körperlichen Reaktionen bei Entzündungen, insbesondere bei der Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung, während am Labor für Hemato-Onkologie nach Biomarkern zur frühzeitigen Erkennung von Blutkrebsen gesucht wird. Die Forscher aus Luxemburg arbeiten zusammen mit Forschern aus Amerika: Solche internationalen Vernetzungen helfen Luxemburg nicht nur, sich in der globalen Forschungslandschaft zu etablieren, sondern fließen auch direkt in eine Verbesserung des Luxemburger Gesundheitswesens ein.

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